Das Geschäft mit der Fitness

Mittwoch, 10. März 2010

Nachdem allgemein festgestellt wurde, dass die westliche Gesellschaft generell zur Fettleibigkeit neigt und das plötzlich für alles andere als gesund befunden wurde, erlebte die Fitnessindustrie in den vergangenen zehn Jahren einen neuen Boom. Nicht nur sprießen seither die Muckibuden an jeder erdenklichen Ecke aus dem Boden wie mancherorts Schimmelpilze, nein, auch Hometrainer werden immer erschwinglicher und finden in immer mehr Privatwohnungen Platz. Warum der Drang zur Bewegung? Weil die Medien plötzlich mit den Finger auf uns zeigen und uns erkennen lassen, dass wir zu viel Hüftgold angesetzt haben? Weil unsere Gesellschaft ein rankes und schlankes Schönheitsideal proklamiert, das Waschbrett- dem Waschbärbauch vorzieht?


Der Wunsch, überflüssige Pfunde zu verlieren mag bei vielen an allererster Stelle stehen, aber genau darin sehe ich das Problem. Sport wird zu oft als notwendiges Übel angesehen, um nicht zu sehr aus dem Leim zu geraten. Und das ist meiner Meinung nach die falsche Einstellung. Sport und Bewegung müssen in erster Linie Spaß machen, um effektiv zu sein und zum Wohlbefinden beitragen zu können. Sonst ist es zeitlich absehbar, dass der innere Schweinehund die Oberhand gewinnt und der Privatstepper früher oder später unbenutzt Staub ansetzt. Was also tun, wenn man keine Sportskanone ist, aber trotzdem etwas für sich tun möchte? Man muss nicht zwingend ins Fitnessstudio rennen, um sich mehr zu bewegen. Dafür braucht man glaub ich fast schon mehr Disziplin als für alle anderen Sportarten, weil es zumeist stupide Bewegungsabläufe auf stationären Geräten involviert. Ein Laufband lässt uns zwar schwitzen, aber wir haben nicht das Gefühl, uns tatsächlich von der Stelle zu bewegen. Wir strampeln uns auf dem Fahrrad einen Wolf, aber sehen doch keine Landschaft an uns vorüberziehen. Sprich: Es ist eine monotone und oft langweilige Angelegenheit.

Abhilfe kann man dem allerdings auf vielfältige Weise schaffen. Ich sehe täglich Leute, die sich ein Buch ins Studio mitnehmen und lesen. Für mich wäre das persönlich nichts, weil ich oft nur dann lesen kann, wenn ich absolut entspannt bin und mich besser konzentrieren kann. Andere - mich eingeschlossen - drehen ihren MP3-Player auf und schließen alle unerwünschten Nebengeräusche (wie z.B. das rhythmische Quietschen des Laufbands oder aber das gelegentliche Knallen aus nächster Nähe, wenn sich einer der Muskelprotze mit den Gewichten verschätzt hat). Wieder andere bevorzugen die Gesellschaft anderer und gehen gemeinsam mit Freunden schwitzen. Und für alle die, die mit Fitnesscentern nichs anfangen können, gibt es zahlreiche andere Aktivitäten. Sportvereine, in denen man sich mannschaftssportlich betätigen kann, moderne Kurse, die abwechslungsreiches und spezifisches Training anbieten, oder aber Bewegung, für die man gar kein zusätzliches Geld ausgeben muss. Warum nicht mal lieber zu Fuß gehen, anstatt das Auto für jede kleine Strecke zu nutzen? Oder das Fahrrad nehmen? Oder die Laufschuhe auspacken und im nächsten Park joggen gehen? Letztere Optionen sind natürlich witterungsbedingt, das streite ich nicht ab. Im tiefsten Winter sieht man mich auch nicht bibbernd und mit Triefnase durch meterhohe Schneewehen joggen. Aber andererseits sollte man abwägen, was Vernunft und was Ausrede aus Bequemlichkeit ist.

Jeder kann sich bewegen, das steht außer Frage. Der eine hat mehr Zeit, wieder anderen fällt es leichter, Sport zu treiben, usw. Das streite ich nicht ab. Aber sich bewegen zu wollen fängt zweifelsohne im Kopf an. Und so wundert es mich nicht, wenn ich sehe, wie viele auf Kampagnen der hiesigen Hochschulen reagieren und sich zu Semesterbeginn in x verschiedene Kurse einschreiben, die dann im Laufe der Monate immer rarer besucht werden. Alle reden uns gut zu, dass wir uns mehr bewegen sollen, aber letztlich müssen wir es auch wollen. Und dabei hilft eigentlich nur die Erfahrung, wie gut es sich anfühlen kann, wie ein Schwein zu schwitzen, völlig fertig zu sein und sich ausgepowert zu haben. Nicht für eine schlanke Linie oder einen Freudenschrei beim nächsten Gang auf die Waage - denn Sport allein bewirkt auch keine Wunder. Sondern für ein besseres Lebensgefühl, für einen Ausgleich zum psychischen Stress, mit dem wir im Alltag konfrontiert werden. Das ist ein Nebeneffekt vom Sport, der leider viel zu oft vergessen wird, was wiederum dazu führt, dass wir manchmal gar nicht erst entdecken, wie viel Spaß Bewegung machen kann.

4 Kommentare:

KathysSong hat gesagt…

Oh weh, ich hab mich in manchen Punkten sooo wieder erkannt. Bei mir das "Problem", dass mir die ganz gängigen Sportarten nicht so Spaß bringen. Am wohlsten fühle ich mich im Wasser, wenn ich Bahn um Bahn ziehen kann. Dummerweise werden viele Schwimmbäder geschlossen, weil das Geld für den Unterhalt im Stadtsäckel fehlt. Ist also nichts mit Bahnen ziehen, es sei denn, man betrachtet 15m als Bahn. Und ich habe festgestellt, dass es schon schwierig ist, ein normales Schwimmbad zu finden, das kein Spaßbad ist.

An Fitneßstudios bin ich meist kläglich gescheitert. Obwohl ich da oft das "Geil, durchgeschwitzt ohne Ende, aber ich fühle mich guuuuuut!"-Gefühl hatte. Hm. Ich bin wohl doch nicht so ein Sportmuffel? Denn die Waage war dann für mich sekundär. Mir gings darum, meine Muskel aufzubauen, halt grad die im Rücken. Und was für die Kondition zu tun. Mir gings jedenfalls immer gut, wenn ich beim Sport war. Weils einfach auch ein prima Ventil ist, um den Tag aufzuarbeiten und Aggressionen rauszulassen - Thai Bo war dafür immer super.

Wenn mein Knöchel wieder heile ist, werde ich jedenfalls wieder aktiver werden. Denn eins habe ich ohne Auto ganz bestimmt gemerkt - ich bin besser in Form als mit. So dumm das klingt?

Stoffi hat gesagt…

Na, du musst dich jetzt nicht schlecht fühlen, weil du dich in einigen Sachen wiedererkannt hast. Ich glaub, so gehts einfach jedem *lach*. Den inneren Schweinehund plattzumachen ist nun mal kein einfaches Unterfangen und mir muss Sport z.B. auch Spaß machen. Schwimmen würd ich auch tierisch gern mal wieder gehen, aber das hiesige Aquatics Centre kann man sich als Normalsterblicher nicht wirklich leisten. Oh, man muss außerdem keinen Marathon laufen, um sich mehr zu bewegen. Hier und da ein paar Schritte zu Fuß bewirken Wunder und sobald der Frühling richtig angekommen ist, hat man auch eher die Muße dazu, sich draußen zu bewegen :)

Lass erstmal deinen Knöchel ordentlich heilen. Damit ist nicht zu spaßen. Nicht dass du vor lauter Übereifer chronische Beschwerden davonträgst!!

Sport frei *lol* *drück*

Nuhtti hat gesagt…

Wir wissen, wie recht du hast. Sei es aus gesundheitlichen oder anderen Gründen, der Spass an der Sache ist das Entscheidende. Die Antriebsfeder ist wirklich der innere "Schweinehund" und den zu überwinden bedarf es doch etwas an Willenskraft.
Ich mache mit,
deine Muhtti

Stoffi hat gesagt…

@Muhtti Ja, der Wille kann und muss manchmal Berge versetzen. Ist nicht immer leicht, sich aufzurappeln, aber wenn man dann die Ergebnisse sieht - nämlich, dass man sich rundum gesünder und wohler fühlt - ist das die gelegentliche Schwitzeinlage doch wirklich wert :)
Ich freu mich auf dich! *drück*

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